GEDICHTE: Die Krankheit, Christian Adolph Overbeck (1755-1821)

Ich lag im Bette kümmerlich,
Inwendig gar nicht munter;
Und von der bleichen Wange schlich
Ein Tränenquell herunter.

Der Schlaf blieb aus, und immer aus,
Ich könnt‘ ihn nicht erflehen.
Und bald kam ein Geschwür heraus.
Nur widrig anzusehen.

Und brannt‘, und stach, und presste mir
Ein Ächzen aus der Seele.
Da seufzt‘ ich: O mein Gott, sieh hier!
Sieh hier, wie ich mich quäle!

Das hörte wohl der liebe Gott;
Er muss ja alles hören!
Doch ließ er täglich meine Not
Noch immer sich vermehren.

Da fraß der Durst den hohlen Gaum,
Die Zunge wollte starren.
Ich trank und trank, und konnte kaum
Des nächsten Trunkes harren.

Und immer brannte das Geschwür
Mit tausendfachem Stechen.
Ich schrie; es war, als wollte mir
Das Herz im Leibe brechen.

Ich schrie, und weinte bitterlich:
Erleichtre doch mich Armen!
Der Schmerz ist gar zu groß für mich!
Ach lieber Gott, Erbarmen!

Das hörte wohl der liebe Gott;
Er muss ja alles hören.
Doch ließ er stündlich meine Not
Noch immer sich vermehren.

Ein heißes Fieber wühlte mir
Hindurch in allen Adern.
Da ward ich wild, und wollte schier
Mit jedem Menschen hadern.

Es schlugen alle, die mich sahn,
Die Hände hoch zusammen,
Und füchteten sich mir zu nahn
Mein Auge stand in Flammen.

Ich wusste von mir selber nicht,
Mein Sinn war ganz betöret,
Und jeder Zug mir im Gesicht
Verschroben und verkehret.

Da sank mein Vater hin aufs Knie,
Und Lotte lag daneben –
Und beteten, als wollten sie
Am Kammerboden kleben.

Und plötzlich fuhr es in mich her,
Wie eine Kraft von oben.
Ich bebt‘ – und wütete nicht mehr,
Und fing an Gott zu loben.

Und freudig war das ganze Haus.
Doch ich ward stumm vor Freuden.
Nur eine Träne drang heraus;
Ganz anders, wie im Leiden.

Es tobte nun der Puls nicht mehr;
Das Fieber war verschwunden.
Auch ging hinweg die böse Schwär‘;
Ich schlummerte fünf Stunden.

Und als ich da erwacht‘ – o Glück!
O namenlose Wonne!
Durchs Fenster gab mir einen Blick
Die milde frühe Sonne!

Ich warf die Hände nach ihr hin,
Und lächelte hinüber.
Entzücken war mein ganzer Sinn;
Entsprungen wär‘ ich lieber.

Und Lotte kam, die Hände voll
Von Primeln und Narzissen.
Das war zu viel! – ich musste wohl
Sie und die Blumen küssen.

Und allgemählich floss die Kraft
Herein in meine Glieder.
Gelobt sei Gott! er hilft, und schafft
Gedeihn dem Kranken wieder!

Über Gabryon

Ich male mir mein Leben bunt. Wie der Wind… Vom Sternzeichen bin ich Wassermann und somit ein Luftzeichen. Ich bin praktisch und kreativ veranlagt und philosophiere gerne. Ich mag die Natur, Mensch und Tier. Meine Interessen sind sehr vielseitig und ich will es nicht darauf reduzieren, was ich besonders gerne mag. Das eine liegt mir an manchen Tagen mehr als das andere und ich habe es zumindest ausprobiert, um zu entscheiden, ob es für mich etwas ist oder nicht. Geht nicht, gibt es bei mir nicht. Es gibt immer Wege und Möglichkeiten, es zu tun oder zu lassen. Ich bin wie der Wind. Unterschätze nie die Kraft des Windes.
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