Der Interviewer…

In diesem Buche hab ich mein Register –
Wo’s etwas gibt, gehe ich zum Interview.
So ging ich jüngst zum Landwirtschaftsminister,
Herrn Podbielski sucht ich auf im Nu.
Mit einem Fluch hat er mich gleich empfangen –
doch ich sprach keck: „Da mach ich mir nichts draus,
was sie da reden, hör ich ohne Bangen –
Sie drücken sich gemein verständlich aus.“
Da lachte er – sein Zorn war rasch vergessen
und freudig lud er mich zum Mittag ein.
’nen Schweinebraten hab’n wir da gegessen –
„Na, seh’n Sie“, sprach er lachend, „ich hab Schwein!
Man spricht von Schweinenot – ich kenne keine.
Was brauchen wir ausländ’sche Konkurrenz –
in Deutschland gibt es noch genügend Schweine.“
Ich sprach: „Sie müssen’s wissen, Exzellenz!“

Als jüngst Italiens König in Berlin war,
bin ich als Interviewer hin gerannt.
Ich sprach: „Verzeih’n Sie mir, dass ich so kühn war.“
Er sagt. „Wie denkt man hier von meinem Land?“
Ich sprach: „Ein jeder Künstler preist emphatisch,
begeistert wandert er durch jede Stadt –
selbst jedem Schuster ist euer Land sympathisch,
weil’s die Gestalt von einem Stiefel hat.“
Er sprach: „Mein Land erlebte schwere Stürme –
der Campanile viel am Markusdom –
ja selbst in Rom, es wackeln ein’ge Türme.“
Ich sprach: „Die woll’n wahrscheinlich los von Rom.“
„O“, stöhnte er, „soviel gerät ins Wanken.“
Ich sprach: „Ich möcht an eurer Stelle sein –
mir fehlen oft die nötigsten Gedanken,
euch aber fall’n die schönsten Sachen ein!“

Bei Sarah Bernhardt bin ich jüngst gewesen –
ich sah die Dame – schlank und glatt wie’n Aal
ich sprach zu ihr: „Ich hab jüngst gelesen –
Sie kämen auch nach Deutschland endlich mal.“
„Ja“, sagte sie, „wird man ja auch bescheren
dort Ruhm und Ehr?“ – „Gewiss“, sprach ich darauf,
„Sie wissen ja, das Alter muss man ehren –
drum nimmt man sie in allen Ehren auf!“
Da rief sie froh: „Auf Ihre Worte bauen,
mein Busenfreund, komm ich nach Deutschland hin!“
„Ihr Busenfreund? Nein!“ sprach ich, sie beschauen,
„Weil ich kein Freund von solchem Busen bin –
Sie kommen zu uns deutschen Patrioten
zu mager her.“ – Da sagte sie pikiert:
„Vom Ausland ist die Fleischzufuhr verboten,
und dies Verbot, das hab ich respektiert.“

Zum Kanzler Bülow bin ich jüngst gegangen.
Als er mich sah, da war er sehr ergrimmt.
Mit nem Zitat hat er mich gleich empfangen:
„Man merkt die Absicht und man wird verstimmt!“
Ich sprach: „Ich lieb euch ja von ganzem Herzen.“
Doch voller Zweifel hört ich reden ihn:
„Es liebt die Welt, das strahlende zu schwärzen
und das Erhab’ne in den Staub zu zieh’n!“
„Ich freu mich“, sprach ich, „dass ich bei euch sitze –
wie schön ist euer Grübchen in dem Kinn!“
„Halt“, rief er da, „macht keine faulen Witze,
das ist die Stelle, wo ich sterblich bin.“
Auf seinen Wink kam Mohrchen (Pudel von Bülow) dann gesprungen.
In meinem Bein fühlt ich des Mohrchens Zahn.
Ich lief hinaus – er sprach: „Es ist gelungen,
der Mohr hat seine Schuldigkeit getan!“

Otto Reutter

Über Gabryon

Ich male mir mein Leben bunt. Wie der Wind… Vom Sternzeichen bin ich Wassermann und somit ein Luftzeichen. Ich bin praktisch und kreativ veranlagt und philosophiere gerne. Ich mag die Natur, Mensch und Tier. Meine Interessen sind sehr vielseitig und ich will es nicht darauf reduzieren, was ich besonders gerne mag. Das eine liegt mir an manchen Tagen mehr als das andere und ich habe es zumindest ausprobiert, um zu entscheiden, ob es für mich etwas ist oder nicht. Geht nicht, gibt es bei mir nicht. Es gibt immer Wege und Möglichkeiten, es zu tun oder zu lassen. Ich bin wie der Wind. Unterschätze nie die Kraft des Windes.
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